Kleine Feuer überall by Celeste Ng

Kleine Feuer überall by Celeste Ng

Autor:Celeste Ng [Ng, Celeste]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783423433808
Herausgeber: dtv Verlagsgesellschaft


Seit der Halloweenparty schlichen sich auch Lexie und Brian, so oft sie konnten, heimlich davon – nach dem Training, am Ende und manchmal am Anfang ihrer Wochenendverabredungen und einmal sogar in der Prüfungswoche, mitten am Tag zwischen Lexies Physik- und Brians Spanischexamen. »Du bist richtig süchtig«, zog Serena sie auf. Zu Lexies großem Ärger war bei ihr immer jemand zu Hause, wenn sie und Brian unbedingt allein sein wollten. Da Brians Vater jedoch oft Notdienst hatte und seine Mutter lange arbeitete, hatten sie bei den Averys häufiger freie Bahn, und im Notfall begnügten sie sich mit Lexies Auto, hielten an einem verlassenen Parkplatz, kletterten auf die Rückbank und krochen unter die alte Steppdecke, die sie zu diesem Zweck jetzt immer dabeihatte.

Lexie erschien die Welt beinahe perfekt, ihre Fantasien waren eine schillernd bunte Erhöhung ihres wirklichen Lebens. Wenn sie und Brian sich nach ihren Stelldicheins widerstrebend voneinander gelöst hatten und wieder zu Hause waren, kuschelte sie sich ins Bett, spürte noch immer seine Wärme und stellte sich ihre gemeinsame Zukunft vor. Es wäre wie im Himmel, wenn sie in seinen Armen einschlief und neben ihm aufwachte. Sie konnte sich nichts Schöneres vorstellen, und allein der Gedanke erfüllte sie mit Wärme, einem fast noch postkoitalen Glühen. Natürlich würden sie ein kleines Haus haben. Hinten ein Garten, in dem sie sich sonnen konnte; über der Garagentür ein Basketballkorb für Brian. Sie würde eine Vase mit Flieder auf die Kommode stellen und die Betten mit gestreifter Wäsche beziehen. Geld, Miete, Arbeit wären kein Problem; da sie im wirklichen Leben keine Gedanken daran verschwendete, spielten sie auch in ihren Tagträumen keine Rolle. Und irgendwann – an dieser Stelle begann ihre Fantasie zu funkeln und zu gleißen wie ein Feuerwerk am Himmel – bekämen sie ein Kind. Es würde genauso aussehen wie der einjährige Brian auf dem Foto, das seine Mutter auf den Kaminsims gestellt hatte: Lockenschopf, Pausbacken und braune Augen, so groß und sanft, dass man bei ihrem Anblick dahinschmolz. Brian würde das Kind auf seinen Hüften schaukeln, es in die Luft werfen. Bei Picknicks im Park würde das Baby sich im Gras wälzen und lachen, wenn die Halme seine Füße kitzelten. Nachts würden sie mit dem warmen, weichen, nach Milch riechenden Kind zwischen sich schlafen.

An den Schulen von Shaker Heights gab es nicht nur einmal Sexualkundeunterricht, sondern fünfmal: in der fünften und sechsten Klasse, vom Schulausschuss als »frühe Aufklärung« gedacht; in den »gefährlichen Jahren« der siebten und achten Klasse, und noch einmal in der Zehnten, der letzte Akt, in dem der Aufklärungsunterricht um ernährungswissenschaftliche Grundlagen, Diskussionen über Selbstwertgefühl und Bewerbungshilfen ergänzt wurde. Doch Lexie und Brian waren Teenager – schlecht im Berechnen von Wahrscheinlichkeiten und noch schlechter im Einschätzen von Risiken. Sie waren jung und ihrer Liebe sicher. Sie waren geblendet und verwirrt von der Vision einer Zukunft, die sie miteinander verbringen wollten und die Lexie sich manchmal so sehnsüchtig herbeiwünschte, dass sie nachts nicht schlafen konnte. Was zur Folge hatte, dass sie mehr als einmal in ihre Tasche griff, kein Kondom fand und sie sich trotzdem nicht abschrecken ließen.



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